Else Panneks Website Narzissenleuchten.de

 

 

 

   

Kleiner Spatz

Kleiner Spatz im Nest
federlos, nackt und frierend,
hilflos, hungrig, blind.
Gewärmt, gefüttert, gesäubert
und behütet pausenlos.

Ein runder Bauch,
die kleinen Flügel beben,
der Hals gereckt,

der breite Schnabel giert
nach Futter und nach Leben.

Will dieses warme Wohlgefühl,
das so von Kopf bis Bauch erfüllt.
Das da ist, wenn herbeigepiept,
das es bei schnabeloffen gibt.

Nur Schnabel sieht es und sonst nichts.

Groß wird der Spatz, der Schnabel bleibt,
will nicht erwachsen werden.

Der breite Schnabel nimmt die Sicht.
Verniedlicht, dass es Mühe ist,

ein gutes Spatzenleben.

Auf dem Nestrand hockt der Spatz,
wartet auf Wunscherfüllung.
Schnabeloffen, sehnsuchtsgroß,
der Wirklichkeit verschlossen
schluckt er, was in den Rachen fällt.

         
  So ganz anders...

Immer weiter die Wege
und unsicherer der Gang,
immer gebeugter die Haltung —
und näher die Erde.

Die eigene Schwäche fühlen
und die Kraft der Erde ahnen.

Wichtig der Weg vor den Füßen,
entfernt das Geschehen ringsum.
Gesichtsfeld, Umkreis eingeengt
und die Wünsche wollen fliegen.

Den Weg unter die Füße nehmen,
mit den Füßen teilen —

zaghaft — entschlossen Schritt für Schritt
Abstand zur Erde suchen.

Den aufrechten Gang erinnern,
ihn nachfühlen von Kopf bis Fuß.
Den Kopf heben, gerade wünschen,
den wehen Rücken aufrichten —
ein Wirbel nach dem anderen.

Der Wille weiß:

Der ganze Mensch muss handeln.

   
    Ein Augenblick

Es ist wie eine andre Welt,
eingehüllt in Ruhe und in Grün,
als ob die Stille atmet,

Die Sonne scheint durchs Blätterdach,
lässt Wasser blinken, glitzern, spiegeln,
setzt den Wellen Lichter auf,

über graue Stämme huschen
Sonnenspiegelkringel hell und zart,
als ob die Sonne lächelt.

Das ist wie eine andre Welt,
eingehüllt in Ruhe und in Grün,
als ob die Stille atmet.

     
 

Glück

Glück, das ist der Dusel eben,
nach dem jeder strebt im Leben.
Der eine denkt: wie krieg ich's bloß?
Dem andern fällt es in den Schoß.

Man jagt ihm nach in wilder Hatz
und findet's dann am eignen Platz.
Robbt leis sich ran wie Schleicher Schmidt,
s'ist überall das gleiche Lied.

Ein jeder ist darauf erpicht,
so mancher hat's und merkt es nicht:
Er seufzt und jammert, quengelt, fleht,
weil es ihm nicht noch besser geht.

Glück macht uns froh, von innen reich —
nur führt dorthin kein Fingerzeig.
Glück sieht für jeden anders aus:
mal ist's ein Kind, ein Hund, ein Haus.

Ist Rosenduft, ist Sonnenschein,
ein Lächeln oder Gänseklein,
ist grünes Laub, Gedankenflug,
ist Sternenglanz, ist Urlaubszug.

Ist Verstehen ohne Worte,
ist Gesundheit, Erdbeertorte.
Es ist eine Hand in deiner,
der Gedanke: mir kann keiner.

Ist Frohsinn und Geborgenheit
und auch Musik von Zeit zu Zeit.
Ist Arbeit für ein großes Ziel,
ist Sport, ist Spaß, ist Sieg und Spiel.

Glück, das ist auch: seinem Leben
einen eignen Sinn zu geben.
Heil zu sein oder zu werden,
alles das ist Glück auf Erden.

   
   

Also sprach der Nikolaus

Eine schöne heile Welt
hab ich beim Nikolaus bestellt.
Der sagte mir: 'sist euer Bier!
Ihr macht doch diesen Schwachsinn hier.

Wenn es schüttet, stürmt und kracht,
ist vieles davon selbst gemacht.
Ihr habt die wundervolle Welt
ganz herzlos auf den Kopf gestellt,

ihr raubt und holzt, verschmutzt, verletzt —
denkt - 'ne Diagnose tut es jetzt. —
Immer noch 'ne Diagnose ——
so geht's wirklich in die Hose.

Leben gehört nur sich allein.
Die Erde lebt und Baum und Stein.
Das alles, was nicht euch gehört,
verheizt ihr glatt und unbeschwert.

Glaubt es oder glaubt es nicht:
Die Erde trägt euer Gesicht. —
Ihr wisst es alle hier auf Erden:
Seid ihr heil, kann sie es werden.

Frohe Weihnacht wünscht uns Nikolaus:
Frohe Weihnachten
in jedes Herz, in jedes Haus.

     
      Oma für immer

Ein melodischer Singsang
und liebevoll alberne Worte.
Jeden Morgen so geweckt
in den Jahren mit Oma.

Manchmal
war es dem Kind
zu albern.
Doch die Liebe blieb
irgendwo.

Nach langer Zeit,
als die Nacht
nicht Tag werden wollte,
den liebevollen Singsang
gefühlt.

Damit den Tag begonnen —
immer wieder.

Oma für immer.

       
  Enten füttern

Oft steht das Mädchen am Kanal,
mit Brot die Enten füttern.
Die rote Jacke ein Signal,
Auftakt zum Futterjagen.

Lautes Schnattern, Flügelschlagen,
eilig kommen sie herbei.
Laufen fliegend übers Wasser,
landen stürzend fußgebremst.

Schnappen, schlingen, schlucken, schnattern
bis kein Bissen übrig bleibt
und Betteln keinen Brocken bringt.
Zögernd treiben sie dann weiter.

Wie schwebend schwimmt ein Schwan vorbei,
umgeben von den Seinen.
Von kleinen Wesen federgrau
mit emsig paddelnden Beinen.

Sie schwimmen nah zum Ufer hin,
als wollt' er sie ihr zeigen,
dem Mädchen mit dem Down-Syndrom —
ihr vertraut er lange schon.

       
    Ein Zittergras

Ein zierlich zartes Zittergras
wächst und atmet Sonnenschein
am Rande einer Wiese.

Sturm drückt es nieder, packt es fest —
Regen prasselt hart herab —
doch die Wurzeln geben Halt.

Zerzaust, zerknittert nach dem Sturm,
müht es sich aufzustehen,
will wieder Sonne sehen.

Gebeutelt, standhaft Zittergras —
ein Regentropfen hängt noch dran,
leuchtet hell im Sonnenlicht.
     
      Schneebedeckt

Unterm Schnee ein Träumen.
Träumen in die kommende Zeit,
in eine neue Wirklichkeit.

Unterm Schnee ein Ahnen.
Ahnen, wie gelebtes Leben,
wie Wärme ist und Helligkeit.

Unterm Schnee ein Wissen.
Wissen um ein sanftes Weben,
wachsen für ein neues Leben.

       
  Es gibt einen Traum

Es gibt einen Traum
vom unbeschadeten Leben —
vom heil lassen, heil werden, heil sein.
Vom Stolz zu leben ohne zu verletzen,
vom eigenen Wert und der Selbstachtung
sich für Hässliches zu schade zu sein.

Es gibt einen Traum
in dem Leben nur sich allein gehört
und kein Mensch einem anderen Leid zufügt.
Vom behutsamen Umgang mit Lebewesen —
auch mit sich.

Es gibt einen Traum
von der Schönheit des Unbeschadeten,
von der Sehnsucht, den Frieden zu fühlen,
den Heiles verströmt —
und vom einig sein mit sich.

Es gibt einen Traum
von der Wirkung guter Beispiele,
einer heilen Umgebung,
dem Wunsch dazu zu gehören
und dazu beizutragen
und vom zu Haus zuhause sein.

Es gibt einen Traum —
und niemand sagt: "Ja — aber..."